Nachdem die Segel gesetzt waren, ging’s mit 2-3 Windstärken und kaum Wellengang ganz gemütlich weiter – Verhältnisse wie auf dem Zürichsee an einem Sonntagmorgen. Gegen Abend war dann aber aus die Maus mit der Idylle und der Motor musste her. Das bedeutete aber auch, gemütlich etwas kochen zu können und ab 21.00 regelmässige Schlafeinlagen.
Um Mitternacht änderte sich die Situation rapide: im Halbschlaf denke ich noch, dass das Wellenrauschen lauter geworden ist und es mich in die Rückenlehne der Salonbank drückt…. Der Blick auf die Windanzeige bestätigte die Annahme: 16 Knoten Wind, gopferdeckel sogar 21 – knapp Windstärke 6. Also nix wie raus mit der Genua und Motor abstellen. Ich bin vorsichtig und rolle die Genua nur bis zum zweiten Ref aus. Kaum draussen, stellt der Wind ab! Nix! Flaute! Dafür ein sehr unangenehmer Seegang. Eleonore stampft sich durch anrollende Wellen. Shit! Und ich noch gar nicht so richtig wach. Also Motor wieder an und Genua wieder einrollen. Kaum gemacht, pfeift mir der Wind wieder um die Ohren und Gischt spritzt übers Deck. Genua also wieder raus. Der Wind wird böig und wechselt zwischen 12 und 25 Knoten hin und her. Wo bin ich denn da gelandet? Wenigstens ist es nicht kalt. Was heisst hier kalt? Es ist warm! Fast schon wie bei einem Föhnsturm im Urnerland. Ja super, jetzt pfeift mir also der Levante um die Ohren. Am Himmel sind die linsenförmig abgeschliffenen Wolken bestens zu sehen. Immer wieder krängt das Boot stark und so verkleinere ich das Grosssegel ins erste Ref, womit die Situation an Bord gleich viel angenehmer wird. Mit der Zeit pendelt sich der Wind bei 5 Bf ein und die Windsteuerungsanlage hat alles bestens im Griff. Auf dem AIS sehe ich vier weitere Segler im Umkreis von ein paar Seemeilen auf einem ähnlichen Kurs, von zweien sehe ich die Positionslichter deutlich. Also kann ich beruhigt wieder einmal ein Mütze voll Schlaf nehmen.
6 sm vor dem Hafen, bei schönster Morgenstimmung, verabschiedet sich der Wind wieder. Ja nun denn halt: Genua wieder aufrollen und das Grosssegel auch grad runter. Ich freue mich schon auf den Espresso….. Leider wird nix mit Espresso! Das darf doch nicht wahr sein! Jetzt pfeift der Wind wieder wie blöd… ja klar, der Himmel ist ja auch voller Lentis. Und die unangenehmen Wellen sind auch wieder da. Je näher ich dem Land komme, je zahmer wird der Wellengang, aber umso heftiger wird der Wind. Eine halbe Seemeile vor der Hafeneinfahrt beruhigt er sich dann doch etwas, sodass die Fender rausbringen und die Festmacherleinen auf dem Vorschiff in Position bringen trocken über die Bühne gehen. Noch vor der Hafeneinfahrt ist meine Welt bereits wieder der reinste Kindergeburtstag und die folgenden Hafenmanöver im Puerto Deportivo de Benalmádena gestalten sich dementsprechend easy.
Bald darauf sitze ich bei hervorragenden Tappas und einem Glas Weisswein und blicke auf das ruhige Meer hinaus. Wie war jetzt das noch vor knapp zwei Stunden? Darauf bestelle ich mir grad nochmal ein Glas und freue mich, dass es noch mehr gefüllt ist als das erste. Eine äusserst sympathische Angewohnheit des Servicepersonals hier in Spanien!