Nachdem der Gennaker pünktlich geliefert, die Befestigungsvorrichtung montiert sowie endlich auch meine Kühlschrank wieder zu Funktionstüchtigkeit gefunden hatte (dank neuem Kompressor und neuem Kühlaggregat), konnte die letzte Etappe im Mittelmeer in Angriff genommen werden. Nach Gibraltar sind es auf direktem Weg rund 55 sm, was bei den aktuell kurzen Tagen nur knapp bei Tageslicht zu schaffen ist. Der Wetterbericht sagte schwache Winde voraus für den 20. November mit Übergang zu schlechtem Wetter mit Regen und Wind mit 7-8 Bf. im Verlauf des Morgens vom 21. Beste Verhältnisse also um am 20-ten den neuen Gennaker auszuprobieren, dann die Nacht auf den 21-ten durchzusegeln oder zu motoren und somit spätestens um 08:00 Uhr, bevor es so richtig anfängt zu blasen und zu regnen, in Gibraltar einzulaufen – so der Plan. Es kam anders: Besser! Um 11:00 verliess ich den Hafen. Es war nicht nur schwachwindig, es war meist Flaute pur und dazu eine triste, trübe Regenstimmung – nicht schön! Die Segel blieben somit unten und der Motor trat seinen Dienst an. Zwischendurch probierte ich den Gennaker aus, konnte ihn jedoch nur zu etwa zwei Drittel ausrollen, mehr ging einfach nicht. Ich gehe mal davon aus, dass sich dies dann schon ergibt, wenn es Wind hat. Unter Motor ging es flott voran und „The Rock“, der bekannte Felszahn von Gibraltar, nahm gegen Abend immer mehr Gestalt an.
Mir nun die Nacht in der Nähe vom Rock in der Windstille treibend um die Ohren zu schlagen und aufzupassen, dass ich nicht von einem Frachter über den Haufen gefahren werde, nur um im Morgengrauen dann in die Bucht von Gibraltar einzulaufen, hatte ich keine Lust. Und wenn das schlechte Wetter früher kommt, ist es auch nicht lustig. So entwickelt ich den Plan, nachts in den Hafen zu fahren. Häfen sind schliesslich „befeuert“, sodass sie unter normalen Umständen auch nachts angelaufen werden können. Und im Zeitalter des GPS sollte selbst auch ich die Hafeneinfahrt finden – und wenn nicht oder es sonst irgenwie Probleme geben sollte, drehe ich halt um und verbringe die Nacht treibend in Landnähe in Einfahrt zur Bucht von Gibraltar, um nicht von den Schnellbooten und Frachtern überfahren zu werden.
Auf der Höhe vom Rock nahm der Wind zu, natürlich voll auf die Nase, und somit nahm natürlich auch der strömungsbedingte Seegang deutlich zu. Eleonore stampfte zum Teil schwer in den Wellen und kam kaum mehr vorwärts. Je mehr ich dann nördlich abdrehen und in die Bucht von Gibraltar einschwenken konnte, nahmen Strömung, Wind und Welle ab und obendrauf zeigte sich ein klarer Sternenhimmel. Von richtiger Dunkelheit keine Spur. Die zahlreichen vor Anker liegenden Frachter sind dermassen lichtüberflutet und das Land ist sowieso eine einzige Lichtergirlande, sodass die Orientierung problemlos war. Ein paar schnelle Fähren, und vermutlich das eine oder andere Schnellboot der Küstenwache, sowie ein paar Frachter waren in der Buchtmitte in sicherer Distanz unterwegs. Ich schlich mich vor den vor Anker liegenden Christbäumen in die Bucht hinein. Eine eindrückliche Fahrt mit zum Teil nur geringem Abstand an den Ungetümen vorbei, bis zur Abzweigung in den Hafen Ocean Village / Marina Bay. Entlang der Landenbahn vom Flugplatz ging es in den Hafen. Sehr dankbar war ich für die Navionics-Karte, die ich auf dem I-Phone geladen habe. Da auf meine Anfragen per Funk keine Antwort kam, machte ich, wie es in meinem Revierführer steht, an einem Aussensteg fest. Meine Navionics-Karte zeigte zwar, dass ich mich damit über der erlaubten Grenze zur Landebahn befand, aber für etwas ist der Steg ja schliesslich da und der Führer ist ja auch schon wieder ein paar Jahre alt und ein Fischkutter liegt eh auch schon da….. Kaum den Motor abgestellt, bekam ich Besuch von einem Nachtwächter, der mir sehr freundlich, aber unmissverständlich mitteilte, dass ich hier nicht bleiben könne und in die Marina auf der anderen Seite des Flugfeldes müsse. Im ersten Moment war dies ein kleinerer Schock, als ich dann aber realisierte, dass es wirklich nur ein Katzensprung um die die Landebahn war und die Hafeneinfahrtslicher bestens zu erkennen waren, beruhigte ich mich wieder und fuhr halt noch eine Zusatzrunde um das Flugfeld, auf dem unsere Nati-Tschüteler vor ein paar Tagen gelandet sind. So kam es, dass ich schlussendlich um 24:00 in der Marina Alcaidesa festmachte und dies erst noch mit Hilfe von zwei Marineros, die mich freundlich empfingen. Beim Aufräumen vielen die ersten Regentropfen, am Morgen schiffte es bereits in Strömen und der Wetterdienst gab Sturmwarnung raus.
Jetzt gehts dann „richtig“ los. Noch ein paar Vorbereitungen und den richtigen Wetterbericht abwarten und ich starte in Richtung Atlantik. Der nächste Port of Call ist dann Banjul in Gambia. Bei Problemen habe ich die Möglichkeit, die Reise zu unterbrechen und Casablanca (soll eine sehr guten Yachthafen haben), die Kanaren oder später die Kap Verden anzulaufen.