Vier Wochen Blog-Stille

„Was ist nur los mit ihm; warum postet er nichts mehr?“ So oder ähnlich werden sich regelmässige Leserinnen und Leser in den vergangenen Tagen wohl gefragt haben, wenn sie diesen Blog besuchten. Es gab keinen speziellen Grund: Bequemlichkeit trifft es wohl am besten. Wobei auch besonders erwähnenswerte Erlebnisse eher rar waren. Was nicht heisst, dass Langeweile eingekehrt ist – nicht im Entferntesten!

Nachhaltig beeindruckt hat mich – etwas ausserhalb vom Zentrum von Portsmouth, der Hauptstadt von Dominica – ein Obdachloser, der, nur noch Haut und Knochen und in Fetzen von total verdreckten Kleidungsstücken, ein Fuss dürftig mit einer schmutzigen Binde eingewickelt, wohl von Schmerzen geplagt leise vor sich hin stöhnend, neben dem Strassengraben in einer mit Schmutz und Abfall versauten Nische lag. Zwei Meter neben ihm knatterte und bretterte der Verkehr vorbei. Es stank nach Abgasen und war laut und erbarmungslos heiss. Noch nie in meinem Leben war ich dem totalen Elend so nah.

In Marie Galante, einer zu Guadeloupe gehörenden Insel, ankerte ich in Le Bourg in einem kleinen Hafenbecken. Es hatte Platz für genau zwei Boote. ELEONORE war das zweite Boot. Der Ankergrund, noch knapp 50 cm unter dem Kiel, war schlecht. Beim x-ten Ankerversuch hielt der Anker endlich. Das Ankerbier schmeckte umso besser. Das Einklarieren, respektive das Finden der Lokalität am nächsten Morgen war in dem kleinen Nest – wie bereits in Portsmouth – nix für meine Nerven: Wo Bitteschön finde ich denn das verd….. Einklarierungsbüro? Endlich gefunden (von aussen nicht erkennbar, dass darin das Einklarierungsbüro untergebracht ist), befand ich mich in einem auf gefühlter Minusthemperatur gekühlten Büro, wobei dasjenige in Dominica mich an eine Abstell- und Besenkammer erinnerte. Beeindruckend war aber ebenso die liebenswürdige Freundlichkeit, mit der mir die Offiziellen begegneten, wie auch die Freundlichkeit der zahlreichen Passanten, die ich nach dem Weg zum „Customs“ fragte.

Freundlichkeit war hingegen den Damen – mit einer lobenswerten Ausnahme – in der Marina „Bas du Ford“ in Point-á-Pitre, der grössten Marina auf Guadeloupe, sehr fremd. Dies wäre weiter nicht erwähnenswert, wenn dies nicht in totalem Gegensatz stehen würde, wie ich die Menschen hier erlebe: Zuvorkommend, freundlich und relaxt. Ihre Entspanntheit kann im Gastgewerbe durchaus dazu führen, dass man sich als Gast ZEIT nehmen und in GEDULD üben muss. Beides Attribute, die ich nicht grad zu meinen Stärken zähle….. „Schnell mal was essen gehen“ ist die falsche Ausgangslage und die beste Voraussetzung um sich die Laune zu verderben. Umso erfreulicher dann, wenn einem unerwartet westeuropäischer Bedienungsstandart begegnet.

In Bas du Ford wurde mir das Reffsystem auf die klassische Art geändert. So kann ich nun direkt am Mast das Grosssegel hochziehen, bergen und reffen. Beim Reffvorgang gilt es nur noch, anschliessend im Cockpit die Reffleinen stramm zu ziehen. Dies geht deutlich einfacher und schneller als beim modernen System, bei welchem alles vom Cockpit aus erfolgt. Ich muss dazu zwar das „sichere“ Cockpit verlassen, was auch das Verkaufshauptargument ist für das moderne – und teure – Reffsystem. Dafür handelt man sich aber auch Nachteile ein. Unter anderem, dass man die Reffleinen selber nicht auswechseln kann, da dazu Spezialwerkzeug und Knowhow notwendig sind. Dies kann unter Umständen zu einem gröberen Problem werden, wenn einem einmal eine Reffleine bricht, was mir auf der Atlantiküberquerung passierte. Wir hatten Glück und kamen dabei noch mit einem blauen Auge davon. Apropos sicheres Cockpit verlassen: Es ist ja nicht so, dass man man sich dabei auf eine ungesicherte Achterbahn begibt!

Und dann war ja meine Liebste für drei Wochen in Guadeloupe zu Besuch. Die ersten paar Tage verbrachten wir bei ihrer Tante in Viex-Habitants. Wer mal Ferien in Guadeloupe machen möchte, ist bei Nicole und Rik bestens aufgehoben! Näheres unter www.gitesmaisonflandrin.com.

Nach ein paar Tagen Landurlaub, der uns unter anderem auf einer Wanderung durch den absolut dichten Urwald bis auf ca. 1100 M.ü. M., unterhalb des Gipfels vom La Soufrière brachte, erkundeten wir mit der ELEONORE diverse Ankerplätze in und um Guadeloupe. Eine böse Überraschung hatten wir, als eines morgens unser Beiböötchen mit samt Aussenbordmotor kopfüber im Wasser lag. Das war mir eine Lehre, fortan bei viel Wind und Welle den Motor an Deck zu nehmen. Dank dem informativen Betriebsmanual vom Honda konnten wir die nun erforderlichen Servicearbeiten erfolgreich selber ausführen.

Der Abschied von Katrien und die Vorstellung, nun wieder alleine in der weiten fremden Welt unterwegs zu sein, war schmerzvoll. Die Aussicht auf weitere Segeltörns durch die Karibik so gar nicht erbauend. Da war sie nun also, die erste Krise! Der Platz in der Marina Bas du Ford war begrenzt auf den 18. Februar. So blieb mir nichts anderes übrig, als mich in die Vorbereitungen für die Weiterreise nach Antigua zu vertiefen.

Die Überfahrt von Deshaies nach Antigua war vornehmlich lässiges Segeln bei achterlichem Wind. Etwa ein Dutzend weitere Segelboote waren ebenfalls auf diesem Kurs. Zum Teil segelten wir nah nebeneinander her, und so war es spannend zu verfolgen, wie die anderen auf die zwischendurch wechselnden Bedingungen reagierten. Vom Kampf mit dem immer wieder einfallenden Gennaker, dem Reffen oder ganz Einrollen der Genua und dafür den Motor zur Unterstützung nehmen bis hin zum Ausbaumen der Genua war alles zu sehen. Ich selber entschied mich irgendwann auch für das Ausbaumen der Genua. Kaum erfolgt, ärgerte ich mich, dass ich dies nicht schon viel früher gemacht hatte, da sofort Ruhe ins Boot kam und der Speed um einen Knoten zunahm. Immerhin, ich war wieder in meinem Element und hatte den Plausch! Den Ankerplatz in der Falmouth Bay zu finden war etwas nervig, da es einige Untiefen hat, die nicht markiert sind