Hart am Wind in 3 1/2 Tagen nach Carriacou

Causeway Bridge in der Lagune von Sint Maarten

Vorhergesagt war Ostwind – perfekt für einen Törn vom Norden in den Süden der Kleinen Antillen. Nur, wie es Vorhersagen so an sich haben, liegen sie auch mal daneben. So stand mir gleich von Beginn an ein strammer Süd-Südost Wind entgegen. Je weiter von den Inseln entfernt, desto höher die Wellen, die es windbedingt aus derselben Richtung auf mich abgesehen hatten. «Das wird sich ja wohl schon noch ändern», dachte ich ganz entspannt und holte am ersten Abend via Iridium die neuesten Seewettervorhersagen ein. Entwarnung: ab morgen bläst es aus Osten. Na also! Aber wie es Vorhersagen so auf sich haben… So ging es auch am nächsten Tag weiter mit harter Am-Wind-Knüppelei. Leider war der Wind im Verhältnis zur Höhe der anrollenden Wellen oft eher zu schwach. Um den Kurs nach Carriacou halten zu können, plagte ich mich mit einer Reisegeschwindigkeit von mageren 2.5 – 4 Knoten ab. Längere Strecken mit 3.5 kn Fahrt führten zu Freudenjubel. Wie war das nochmals bei den letzten beiden Törns? Weniger als 6 kn Fahrt für ein paar Minuten und ich wurde schon zappelig.

Am-Wind Knüppelei bedeutet oft auch mehr Krängung als einem lieb ist

Zum Glück hat ELEONORE sehr gute Am-Wind Eigenschaften. So ging es bei 30 Grad am scheinbaren Wind (sorry an Nichtsegler/innen für das Fachchinesisch) zwar gemächlich aber doch immerhin in die richtige Richtung. Und ob ich nun einen Tag früher oder später ankomme, spielte keine Rolle. Die Vorratslager waren gefüllt und das Wetter prächtig. Ab dem zweiten Tag war kein Land mehr in Sicht. Rundherum nur Wasser. Andere Schiffe? Nix! Gerade mal zwei Segler und ein Containerfrachter kreuzten in weiter Ferne mein Fahrwasser. Der Wind blies – wenn auch mehrheitlich gegen an – meist konstant. Ideale Bedingungen, um sich nachts entspannt aufs Ohr zu hauen. Die anfänglichen 25 Minuten Schlaf-Intervalle dehnte ich bald auf 35 Minuten aus. Ab der zweiten Nacht schlief ich jeweils tief und fest, bis der Timer mich wieder brutal auf die ELEONORE zurückholte.

Wirklich anspruchsvoll für die Seemannschaft und die Nerven wurde es am Tag vier, als eine morgentliche herrliche Brise aus Osten sich innert weniger Minuten zu einem böigen, starken Südostwind entwickelte, begleitet von Wellen, wie ich sie seit der Atlantiküberquerung nicht mehr erlebt hatte. Aber im Unterschied zu damals, als diese Monster von hinten anrollten, rollten sie nun querab, also von der Seit an. Phuuu, da wurde mir zwischendurch schon etwas mulmig. Doch nach etwa drei Stunden begannen sich Wind und Wellen wieder zu beruhigen und es folgten herrliche Stunden genüsslichen Segelns bis zur Tyrell Bay, in die ich mich am Samstagabend bei Dunkelheit – GPS-System sei Dank – vorsichtig hineinschlich, und zwar in den gesonderten Bereich für Boote in Quarantäne. Das anschliessende Ankerbier mundete – ist ja klar! – ebenso ausgezeichnet wie der gekühlte Weisswein zum Curry-Gemüseeintopf.

Die dominierende Farbe war blau

Heute Montag gings zum PCR Test an Land. Das war nicht dem Protokoll entsprechend, wie ich von der entsprechenden Krankenschwester und anschliessend vom Port Officer aufgeklärt wurde. Ich hätte mich über UKW Kanal 16 melden müssen! Ich sei unerlaubt an Land und hätte somit die Quarantänevorschrift missachtet! Ufff, ja jetzt sei mir schon klar, dass ich mich über Funk hätte melden müssen. Aber in den Vorgaben hätte ich nirgends davon gelesen und bitte ihn deshalb, mir mein Fehlverhalten zu verzeihen. Als der Officer realisierte, dass ich dies wirklich meinte wie ich sagte und ich mich nicht irgendwie rauszureden versuchte, war das Eis gebrochen. Das Resultat werde in zwei Tagen bekannt sein. Ich würde dann via UKW Kanal 16 über das weitere Vorgehen informiert werden. In der Zwischenzeit gelte ein stricktes Verbot, das Boot zu verlassen. Nach meinem Verständnis der aktuellen Regelung sollte ich somit übermorgen für die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben wieder frei gegeben werden.

Blick aus der Quarantäne ins Ankerfeld der „freien“ Segler