Für die 1055sm von Horta bis Vigo benötigte ich 9 Tage 5 Stunden. Ein ausgeprägtes Azorenhoch lag nördlich meiner Route, weshalb ich die meiste Zeit das „Vergnügen“ von einem harten Am-Wind-Kurs hatte.
Es war ein Törn mit gleich zwei Highlights: Das erste ereignete sich am siebten Tag am späteren Nachmittag, als ich ein unregelmässig klackendes Geräusch aus dem Mast wahrnahm. Die Ursache war schnell ersichtlich: Die Radarresponderantenne hatte sich samt Halterung im Masttop gelöst und schlug nun am Elektrokabel hängend wild um sich. Eine Gefahr für die anderen Instrumente dort oben und für mich unten an Deck, wenn das Ding dann irgendwann einmal runterfiel. Es blieb mir daher keine Wahl: ich musste in den Masttop. Bei 2 Meter Welle und konstanten 21 Knoten Wind mehr Alptraum denn Wunschtraum! Aber auch im Hinblick auf solche Momente hatte ich ja die Maststufen montieren lassen. Gemäss Windvorhersage waren in den kommenden Stunden Böen bis 36 Knoten mit entsprechendem Seegang zu erwarten. Diese Aufgabe musste daher schnellst möglich erledigt werden. Nach kurzem ängstlichen Zögern grabschte ich den Klettergurt hervor, fuhr das Boot in die Ruheposition, das sogenannte Beiliegen, und enterte mit einem Prusikknoten am Spinakerfall gesichert in den Masttop auf. Je höher ich kam desto Ärger war das Schlingern in alle Richtungen. Das Adrenalin schoss mir durch den Körper währenddem ich abwechslungsweise hochkletterte und mich wieder um den Mast klammerte. Uffff…., bis ich schliesslich zuoberst ankam und das ganze Teil mit einer Zange kappen konnte. Die Aussicht war fantastisch! All die Schaumkronen! Und ich habe mir knapp nicht vor Angst in die Hose geschissen – auch fantastisch!
Das zweite Highlight folgte am Tag danach. Wie angekündigt hatte der Wind aufgedreht auf konstante 6 Beaufort. Dies war nicht sonderlich speziell, aber es baute sich zunehmend eine wilde Kreuzsee mit kurzen, steilen Wellen von bis zu vier Meter Höhe auf, die regelmässig auch über das Deck schlugen. Zwei Brecher füllten das halbe Cockpit. Die Windsteuerung war bald einmal überfordert und ELEONORE drehte immer wieder in den Wind. Dasselbe wiederholte sich bald einmal auch unter Autopilotsteuerung. Die Segelfläche auf Ref 3 und Fock zu verkleinern war keine gute Option, da ich damit an Tempo verlieren würde, was sicherheitsmässig schlecht war. Also war für einige Stunden Handsteuerung angesagt, bis sich der Seegang wieder normalisierte. Sehr eindrucksvoll war das Getöse und der Lärm, den die Wellen verursachten. Gepaart mit den vielen weissen Schaumkronen, die je nach Sonneneinstrahlung intensiv leuchteten, den langgezogenen weissen Streifen, die das Meer durchzogen und teilweise fliegender Gischt, war dieser Seegang ein Naturschauspiel erster Güte.

Nach zwei Nächten im Real Club Nautico de Vigo fuhr ich weiter nordwärts in den Porto de Xufre, wo ELEONORE nun aufgebockt an Land steht. Ziel ist, dass hier das Steuerruder, das schon längere Zeit etwas Spiel hat, in den diesen Tagen ausgebaut und wieder installiert wird, bevor ich nach Hause fliege. Ob es dazu kommt ist jedoch äusserst fragwürdig, da ich entgegen unserer Abmachung immer wieder um ein, zwei Tage vertröstet werde aufgrund ach so dringlicher Arbeiten an anderen Booten. Lange mache ich dieses Spiel nicht mehr mit und ich werde mir für diese Rudergeschichte im September einen anderen Platz suchen.

