Es kam wieder mal anders …

Die Kanaren lagen hinter mir, die nächtlichen Temperaturen lagen erfreulicherweise bereits spürbar höher als beim Start, Wind und Wetter zeigten sich von der besten Seite. Da stimmte plötzlich etwas mit der Steuerung nicht mehr: ELEONORE war nur noch auf eine Seite zu steuern. „Shit! Was ist jetzt wieder los?“, fluchte ich angsterfüllt. Die Ursache war zum Glück schnell gefunden und auch behoben. Ursache war, dass der Flansch, der den Ruderschaft mit der Schubstange vom Autopilot verbindet, sich verschoben hatte. Ich justierte ihn wieder, jedoch nach etwa 15 Minuten war der verd*** Flansch bereits wieder verschoben, obwohl ich die beiden Schrauben mit aller Kraft festgezogen hatte. Das Spiel wiederholte sich noch ein paar mal, bis mir klar war, dass ich so nicht über den Atlantik segeln konnte. Ich hatte nicht den kleinsten Schimmer, woran das Problem liegen könnte und befürchte einen elektronischen Defekt in der neuen Anlage.

Bis zu den Kap Verden hinunter war es noch ein schönes Stück; und dort sind die Reparaturmöglichkeiten um einiges begrenzter als in den Kanaren. So war der Entscheid bald gefasst, umzudrehen und die Insel El Hierro anzulaufen, welche auf direktem Weg etwa 150 sm nördlich lag. Quasi ein Katzensprung unter normalen Verhältnissen. Es blies jedoch ein ordentlicher Nordostwind von 5-6 Bf, begleitete von einem teilweise imposanten Seegang mit Wellen von um die 3 Meter. Mühsames Aufkreuzen war daher angesagt. Ergeben fügte ich mich in mein Schicksal.

Die Windsteueranlage machte die meiste Zeit einen hervorragenden Job und so gestaltete sich das Aufkreuzen, trotz des Saulärms aufgrund der immer wieder an den Rumpf knallenden Wellen, erstaunlich easy.

Gegen Mittag des dritten Tagen zeigte sich El Hierro im Dunst voraus. Leider nahm aber der Wind deutlich ab, währenddessen der Seegang zunehmend hektischer wurde und sich eine imposante Kreuzsee aufbaute. Unter Segel hatte ich bei den verbliebenen 8-12 Knoten Wind keine Chance vorwärts zukommen. Immer wieder stampfte sich das Boot in dem Wellenchaos fest. Bald rollte ich die Genua ein und kämpfte mich unter Motor gegen Wind und Wellen dem scheinbar greifbaren Ziel entgegen. Lediglich 17 sm waren es noch. Dabei versuchte ich, den grössten Wellen auszuweichen, was natürlich nur begrenzt gelang.

Der Wind frischte wieder auf. Aufkreuzen wurde wieder eine Möglichkeit, was aber mindestens weitere 24 Stunden segeln bedeutet hätte, wozu ich definitiv keine Lust hatte. Lieber kämpfte ich mich weiterhin unter Motor mit direktem Kurs El Hierro entgegen. Da ich den Autopilot nicht einsetzen konnte, war Handsteuerung angesagt, was ein harter Kampf gegen die zunehmende Müdigkeit wurde.

Gegen Abend erreichte ich endlich den Hafen La Restinga im Süden von El Hierro. Da ich keine Reservierung hatte und das Büro bereits geschlossen war, musste ich mich längsseits an die mit grossen, dicken Hartgummistreifen bestückte Hafenmole legen. Zum guten Glück hatte ich ein 2.70 m langes Brett an Bord, womit ich den Rumpf von ELEONORE schützen konnte.

Es galt den Rumpf zu schützen!

Am nächsten Tag war die Ursache des Steuerproblems dank Unterstützung durch meinen Bootsnachbar Kristian bald gefunden: Auf der Rückseite des Flansches – und daher nicht sichtbar – befindet sich eine zusätzliche Feststellschraube. Ja klar doch – logisch! Darauf hätte ich auch früher kommen können.

La Restinga
Es wirkt schon recht abgeschieden hier!

Es folgten Starkwindtage mit bis zu 40 Knoten Wind auf der Hafenmole. Anschliessend stellte sich eine großflächige Flaute ein, was mich auch nicht zur Weiterfahrt motiviert. So werde ich voraussichtlich morgen oder übermorgen meine Reise über den Atlantik vorsetzen. Leider ist es nun schon etwas spät, um Französisch Guyana anzulaufen, da ich spätestens Mitte April in Sin Maarten sein möchte. Schweren Herzens habe ich daher das Ziel Französisch Guyana für dieses Jahr gestrichen und werde direkt Guadeloup ansteuern.

Erstarrte Lava im Süden von El Hierro

El Hierro gefällt mir außerordentlich gut. Es ist ruhig und beschaulich und vermittelt irgendwie den Eindruck, man befände sich am Ende der Welt.