Bewegender längerer Aufenthalt in Guadeloupe

Völlig unerwartet zog sich der Aufenthalt in Guadeloupe in die Länge.

Marina Bas Du Fort in Pointe-A-Pitre

⁃ Angefangen bei Northsails, die mehr Zeit benötigten um mir das Gail Sail, das über die aufgerollte Genua hochgezogen werden musste – eine Methode, mit der ich mich trotz mehrfachen Trockenübungen nie anfreundete und es deshalb auch nie einsetzte – abänderten, sodass es am Kutterstag aufgezogen werden kann; sowie für dieses Segel wie auch für das Sturmsegel je einen Sack nähten, in den ich diese Segel direkt bergen und umgekehrt aus diesem wieder setzen kann.

⁃ Unerwartet schnell gestaltete sich dagegen die Reparatur des Logs. Zwischen der Anfrage bei Fred Marine und der Erledigung dauerte es kaum zwei Stunden.

⁃ Vom Rigger benötigte ich einen neuen Bolzen für die Fixierung des Baumniederholers. Erst nach mehrfachem Nachfragen konnte sich der viel beschäftigte Chef dann endlich einmal zwei Minuten frei schaufeln, um mir dieses Teilchen in seinem Lager herauszusuchen. Ich bat ihn darum, das Rigg von ELEONORE zu checken. Das kostet aber 165 Euro, war die erste Antwort, und in den nächsten Tagen haben wir dafür absolut keine Zeit, war die zweite Antwort, nachdem ich innerlich zähneknirschend, äusserlich natürlich süss lächelnd, zu diesem unverschämten Honorar eingewilligt hatte. Und siehe da, vierundzwanzig Stunden später war er mit einem Gehilfen an Bord. Resultat: alles gut, abgesehen davon, dass das Vorstag falsch montiert sei. Hä? Ich meinte mich streift ein Bus! Wie bitte? Er erklärte mir das Problem. Es war einleuchtend und offensichtlich. Er hatte absolut recht. Mir ging es schlagartig ganz schlecht! „Und was ist nun zu tun?“ „Tja, das ist kompliziert und SEHR aufwändig, da es dazu ein neues Vorstag braucht, da mit der richtigen Montage sich dessen Länge ändert.“ Meine Befindlichkeit viel von ganz schlecht auf miserabel. Aber keine Sorge, versicherte mir Jean-Paul, ich könne damit problemlos zurück über den Atlantik segeln, müsse es einfach im Auge behalten, denn er hätte absolut keine Zeit, sich dieser Arbeit anzunehmen. – Okay, immerhin, wobei, was heisst im Auge behalten? Wenn das Ganze nämlich in die Hosen geht, kommt mit einem grossen Knall der ganze verdammte Mast runter! Mir wurde klar, dass dieses Problem vor meiner Rückreise behoben werden musste. Fragte sich nur wo und durch wen? Jean-Paul zu beknien kam nicht in Frage, da er mir klipp und klar zu verstehen gegeben hatte, dass er an dieser Arbeit nicht im Geringsten interessiert war. Ich war der Verzweiflung nahe. Das war aber nicht das Einzige: Die Antennenhalterung im Masttop sei lose. Es gäbe verschiedene Modelle von Halterungen und es hänge auch von der Antenne ab, was genau zu tun sei. Er habe keine solchen Ersatzteile. Je nach dem müsse ich die Antenne auswechseln. Mir standen mittlerweile die Tränen zuvorderst! Obendrauf die Vorstellung, wieder mitten auf dem Atlantik in den Masttop hochkraxeln zu müssen, weil sich das Ding gelöst hatte, wie ich es bereits zwischen Horta und dem Feststand im vergangenen Juni wegen des gelösten Radarresponders machen musste, war der Horror. Das Antennenproblem musste daher noch hier in Bas Du Fort gelöst werden.

Der Flansch muss 90 Grad andersherum montiert sein. Gut ersichtlich, dass dessen hinterer Teil verbogen ist.

⁃ Ich wendete mich wegen der Antennensache wieder an Fred Marine. „Ja klar, können wir machen. Kein Problem.“ Ich soll am Montagmorgen gleich um 0830 vorbeikommen. Dann werde man dies noch am Montag machen können. Nur: Wie sich am Montagmorgen herausstellte, hatte Fred Marine diese ganze Woche Inventur und konnte daher keine Techniker zur Verfügung stellen (für mich absolut unverständlich – Karibik eben) Unmöglich! „I am really sorry about that! Aber wir können diesen Job erst am Montag nächster Woche machen. Und weil dafür der Techniker in den Mast hoch muss, kostet das schon mal die erste Stunde 180 Euro.“ Da ich mir in den Kopf gesetzt hatte, diese Marina nur mit intakter Antennenhalterung zu verlassen, war es somit wieder mal an der Zeit, äusserlich cool zu bleiben und gute Miene zu dieser ganzen Unverschämtheit zu zeigen und einzuwilligen. „Okay, dann also am nächsten Montag. Spätestens um 0900 Uhr werden die Leute bei dir an Bord sein. Vielen Dank für das Verständnis.“ Eine Woche später erforderte es aber noch viel Bitte-Bitte und sehr deutliche Worte meinerseits, bis schliesslich am Nachmittag endlich zwei Techniker an Bord kamen und eine neue Antennenhalterung montierten. Eine letztlich kurze, völlig überteuerte und ärgerliche Angelegenheit, die meinen Aufenthalt in der Marina um mehr als eine Woche verlängerte.

⁃ Diese Wartewoche nutzte ich, um mir die Covid-Boosterimpfung verpassen zu lassen. Die Impfung war gratis und wurde unkompliziert in einer dazu autorisierten Apotheke nach Voranmeldung durchgeführt. So war diese Woche nicht grad komplett verlorene Zeit, denn ich war überhaupt nicht in der Stimmung, die freien Tage für irgendwelche besonderen Aktivitäten zu nutzen.

Nach fast drei Wochen Aufenthalt in der Marina Bas Du Fort konnte ich am 5. April Pointe-a-Pitre endlich wieder verlassen.

Glück in Rivier Sens

Ich segelte nach Rivier Sens, wo ich einen Platz für eine Nacht in der Marina gebucht hatte. Hier holte mich Rik ab, der Partner von Katriens Tante Nicole. Nach dem von Ärger durchzogenen und obendrauf das Sicherheitsproblem mit dem Vorstag offenbarenden Aufenthalt in Point-a-Pitre, tat es meiner Seele gut, ein paar Stunden im Freundeskreis verbringen zu können. Im Vorfeld konnte ich zudem organisieren, dass mir Peter Förthmann von Windpilot an ihre Adresse einen neuen Radadapter für die Windsteueranlage geschickt hat.

In der Marina Rivier Sens lernte ich Francis kennen. Ein Allrounder was den Unterhalt von Booten anbetrifft. Ich zeigte ihm mein Vorstagproblem. Er meinte, er könne dies beheben. Es sei nicht so eine komplizierte Arbeit. Ich soll mich aber noch an Gaetan wenden, der gleich gegenüber einen nautischen Shop betreibt und Rigger ist und in seiner freien Zeit solche Arbeiten übernehme. So hätte ich eine Zweitmeinung. Also nix wie hin zu Gaetan: Ich zeigte ihm auf meinem Handy die Bilder und ihm war sofort klar, was zu tun ist. Das Vorstag selber müsse nicht ausgetauscht werden. Er checkte in einem Katalog die erforderlichen Ersatzteile und klärte telefonisch deren Verfügbarkeit ab. Alles vorhanden. Innerhalb einer Woche könne er die Arbeit machen. Zur genauen Abklärung müsse er jedoch an Bord kommen. Klar doch! Wir vereinbarten nachmittags um 1330. Pünktlich wie abgemacht war Gaetan zur Stelle. Seine Abklärung ergab, dass er das Problem wie angenommen beheben konnte.

Anschliessend nahm ich schon einmal die Genua weg, und siehe da, am Achterliek war sie stellenweise eingerissen. Sailmaker in Rivier Sens? Fehlanzeige. Shit! Aber es hat eine Autovermietung. Benoît von Northsails in Pointe-a-Pitre teilte mir mit, dass ich das Segel zur Reparatur vorbeibringen könne. Also machte ich am nächsten Tag eine Sightseeingtour hin, von wo ich vor kurzem grad erst hergekommen bin. Das hätte ich auch einfacher haben können….. Am nächsten Morgen büschelte ich das Grosssegel ordentlich auf dem Baum auf und siehe da, es darf doch nicht wahr sein, das Segel hatte Risse am Achterliek! Was bin ich nur für ein hirnloses Arsch! Wieso checkte ich dies nicht schon in Pointe-a-Pitre? Zeit dafür hätte ich gehabt im Übermass! Ja nu, wieder ein Anruf an Benoît und abermals Sightseeingfahrt nach Pointe-a-Pitre.

Am Abend lösten ich zusammen mit Gaetan das Vorstag an der Verankerung am Bugsprit, sodass er die exakten Masse für die Ersatzteile nehmen konnte. Bei genauer Betrachtung des Bugsprits zeigte sich, dass die Verankerung des Vorstags bereits ausgeweitet war und zudem einen feinen Riss aufwies. Allerhöchste Zeit, dass dies behoben wurde! Dies erforderte Schweissarbeiten an der Halterung am Bugsprit, was erforderte, dass dieser abmontiert werden musste. Das Glück war weiter mit mir, denn gleichzeitig ankerten Ute und Russ, die ich im November 2020 im Jolly Harbor kennengelernt hatte, mit ihrer Tairua ausserhalb der Marina, und halfen mir den Bugsprit zu demontieren.

Bug „oben ohne“

Gaetan fuhr am Samstag in die Marina nach Pointe-a-Pitre um die Ersatzteile zu holen. Dabei konnte er mir gleich auch die geflickte Genua wieder zurückbringen. Das Pech war, dass das Grosssegel leider noch nicht fertig war. Am Montagmittag war dies dann abholbereit. Also wieder zur Autovermietung. Das Büro war offen, aber niemanden anwesend. Auch den VW Polo konnte ich nirgends sehen. Nach einer Stunde warten war immer noch niemand da. Schliesslich konnte ich den Wagen von Gaetan ausleihen für mein dritte Überlandfahrt durch Guadeloupe.

Vorstaghalterung verstärkt
Korrekt montiertes Vorstag mit ebenso korrekt montiertem Flansch, der die Genuatrommel hält.

Weiter nach Antigua

Am Morgen vom 13. April konnte die ganze Montagearbeit abgeschlossen werden und ich Rivier Sens mit einem korrekt installierten Vorstag und neuem Windpilot Radadapter in Richtung Deshaies verlassen, wo Ute und Russ bereits vor Anker lagen. Da die Windaussichten durchzogen waren, klarierten wir noch am Abend aus und segelten am nächsten Morgen los zum Jolly Harbor nach Antigua. Perfekte Wind- und Wetterverhältnisse sorgten für eine schnelle Überfahrt, während der ich dank dem neuen Radadapter die Steuerung von ELEONORE endlich wieder der Windsteueranlage übergeben konnte. „Interessant“ wurde es beim Einklarieren im Jolly Harbor am nächsten Morgen: Ein Papierkram ohne gleichen, obwohl wir zuvor bereits online alle Angaben eingefüllt hatten und uns bestätigt wurden. Und bis alle erforderlichen Beamten auch anwesend wahren, sodass das Procedere abgeschlossen werden konnte, dauerte es seine Zeit. Aber das gehört eben auch zur Karibik.

Vor Anker im Jolly Harbor. Das (neue, kleinere) Dinghy über Nacht seitlich aufgezogen.