Kolumbien erreicht – jedoch Santa Marta statt Cartagena

Die Durchquerung der Carribean Sea war – wie könnte es auch anders sein! – eine abwechslungsreiche Angelegenheit. Der Wind in der Regel – zum Glück – stärker als der angekündigte Schwachwind. Andere Segelboote? Nix! Gelegentlich passierten mich Frachtschiffe und ab und zu gab es Besuch von Delphinen. Interessant war, wie es von Tag zu Tag feuchter wurde. Ich hatte den Eindruck, dass mit jedem Duzend Meilen mehr, die Luftfeuchtigkeit exponentiell zunahm. Die Morgen- und Abendstimmungen waren dementsprechend der Hammer!

Immer aufpassen auf Frachter – sie können einem ganz schön nah kommen!

Ein Hauch Abenteuer durfte natürlich auch bei dieser Passage nicht fehlen. So sah ich plötzlich zu, wie das grosse Vorsegel, die Genua, innerhalb ein paar Sekunden vom Masttop still und leise hinunter aufs Deck und weiter ins Wasser glitt. „Ähm… spinn ich jetzt? – Nein!!!“ Natürlich war ich im Vollbesitz meiner Wahrnehmungsfähigkeit. Zum Glück war es grad schwachwindig und somit das Segel subito aus dem Wasser wieder an Deck gezerrt. Der Wind war eher zunehmend. Also war Gas geben angesagt: Im Eilzugtempo den Klettersitz mit dem daran fixierten Selbstsicherungsgerät anziehen, Steuerung auf elektrischen Autopilot umstellen, in den Masttop aufentern um das Zugseil der Genua runterzuholen, einen neuen Schäkel holen (weil vom alten hatte sich der Steg gelöst – weshalb die Genua der Schwerkraft folgend den Weg nach unten genommen hatte), dann das Boot auf Vorwindkurs bringen und die Genua wieder hochziehen und anschliessend das Boot wieder zurück auf Kurs bringen und auf Windsteuerung umstellen. Uffff!

Ich versuche erst gar nicht mir vorzustellen, was passiert wäre, wenn das Segel bei Windstärke 5 oder mehr, womöglich noch nachts währenddem ich schlief, runtergekommen wäre…. Aber ich lernte daraus, dass ich diese Schäkel zusätzlich zu den Kabelbindern mit Loctite sichern und regelmässiger prüfen muss.

Kaum hatte ich die kolumbianischen Gewässer erreicht, machte sich der Wind rar. Wie wenn ein Schalter umgekippt worden wäre. Somit ging es mit dem Schwachwindgehampel wieder los. Phuuu! Und zu allem Elend stimmten mich die Windvorhersagen in ihrem 12-Stunden Zyklus auch nicht hoffnungsvoller. Im Gegenteil: ihre Farbe beschränkte sich quasi ausschliesslich noch auf blau – noch ein bisschen Wind – und violett – kein Wind, also Flaute. Aber für etwas pflege ich ja meinen Motor und führe zusätzlichen Diesel als Reserve mit. Also war häufiges motoren angesagt.

Nach rund 180sm unter Motor und noch weniger Aussichten auf aufkommenden Wind war mir sonnenklar, dass ich auf der Höhe von Santa Marta nach links abbiegen und dessen Marina anlaufen werde, denn auf weitere 100sm motoring hatte ich überhaupt keine Lust, zumal auch keine Notwendigkeit dazu bestand. So hatte ich gestern Nachmittag nach acht Tagen erstmals wieder festen Boden unter den Füssen.

Santa Marta voraus
In der Marina nur ein Steinwurf vom Geschehen entfernt